RNA-Interferenz: Therapie per Genschalter
Die RNA-Interferenz wurde zuerst in Pflanzen und einigen wirbellosen Tieren (z.B. Fruchtfliege) beschrieben. Thomas Tuschl und Kollegen vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen gelang es dann aber erstmals die Funktion von RNAi auch in Säugerzellen nachzuweisen. In dem durch Thomas Tuschl entwickelten RNAi-Verfahren werden synthetisch hergestellte RNA-Stränge in eine Zelle eingebracht. Diese binden sich an die komplementäre Boten-RNA (mRNA), die anschließend durch einen komplexen zellulären Mechanismus abgebaut bzw. zerstört wird. Die Umsetzung von Genen in Proteine wird so reduziert oder unterbunden. Mithilfe der RNAi ist es also möglich, einzelne Gene gezielt abzuschalten, so dass die im Gen enthaltenen Informationen nicht weitergegeben werden und das entsprechende Protein nicht hergestellt wird. Die Entdeckung dieses „Schalters“ stellt somit einen viel versprechenden Ansatz zur Behandlung unterschiedlichster Krankheiten, die teilweise heute noch nicht durch Medikamente adressiert werden können, dar. RNAi-Therapeutika bilden somit eine bedeutende neue Klasse von Medikamenten. Sie könnten in der Zukunft unter anderem zur Behandlung von viralen Krankheiten, Stoffwechselerkrankungen oder auch Krebserkrankungen eingesetzt werden und eine ähnliche Bedeutung erlangen, wie bereits heute monoklonale Antikörper.
Lizenznehmer Alnylam ist eines der führenden Unternehmen bei der Entwicklung von RNAi-Arzneimitteln. Mehrere Projekte befinden sich bereits in verschiedenen klinischen Phasen. 2018 gab Alnylam die allererste FDA-Zulassung eines RNAi-Therapeutikums – ONPATTRO™ (Patisiran) – zur Behandlung der Polyneuropathie bei hereditärer Transthyretin-vermittelter Amyloidose bei Erwachsenen bekannt.